BMW 1600-2, Baujahr 1969, Nevada-Beige

Auch dieses schnuckelige Auto war kein unbekanntes in meiner Heimatstadt. So, wie mir generell alte Autos ins Auge springen, freue ich mich immer noch eine Spur mehr, wenn dieses auch noch eine alte Landkreis-Lemgo-Zulassung besitzt, also ein LE-Kennzeichen wie es auch mein Ford 15M trug (und bis heute trägt!).

Dieser BMW 1600-2 besaß einen Lackfarbton, der auch mit "Hornhaut-Umbra" umschrieben werden könnte, und als entsprechend attraktiv bewertet wird. Aber irgendwie machte es auch genau seinen Charme aus. Tiefbreitharte Nullzwo-BMW in schrillem Millieurot- oder Lilametallic kennt man zuhauf, und belächelt man zuweilen auch. Aber ein schlichter 1600er in Nevada-Beige, innen Kunstleder hellbraun, ohne Kopfstützen, mit Anhängerkupplung, auf dünnen Trennscheiben-Rädern UND mit seltenem Kurbel-Schiebedach - das hat was!

Der Wagen gehörte seinerzeit einem entfernten Bekannten und Privatschrauber, der ihn vom Opa seiner Verlobten übernommen hatte. Ein paar Rentnerrempler rundum (irgendwann schrumpfen Garagentore halt. Klingt komisch, ist aber so), aber ansonsten gut in Schuß, auch technisch.

Immer wenn ich den Bekannten auf einer Party o.ä. traf, sprach ich ihn natürlich auf das Auto an, aber biss auf Granit. Doch eines Tages war es soweit: wenn ich noch interessiert sei, könne ich ja mal zum Anschauen vorbei kommen. Der Zeitpunkt war so übel nicht, denn ich war gerade dabei, das Fiasko mit meinem Mercedes 280SE W108 per Verkauf zu beenden. Also konnte ich mich ja frohen Mutes in das nächste Abenteuer stürzen! Wobei es bei einem so kleinen Vierzylinder ja per se nicht so ein großes Wagnis sein sollte. Oder?

 

 

 

 

 

 

 

 

Hier schon von mir neu bereift und mit zierlicheren, gelben Nebelscheinwerfern ausgestattet.

Jedenfalls musste ich mich natürlich nicht lange zum Anschauen bitten lassen, und am nächsten Tag stand ich vor diesem sympathischen Wagen. Im Grunde war es nur Formsache, denn es war klar, dass ich ich ihn kaufe. Allein der Preis war noch unausgesprochen. Erneut waren es schließlich 4000 Märker, die den Besitzer zur beiderseitigen Zufriedenheit wechselten. Meine Eltern waren natürlich weniger erfreut. Zwar stand ich mittlerweile in Lohn und Brot, aber der malade W108 stand auch, und zwar noch immer als mahnendes Beispiel des ja grundsätzlich als Geldgrab zu betrachtenden Hobbys auf dem Hoff!

Und nun noch so ein alter Hüchel dazu - Hallo!?

Naja, der Benz auf dem Hoff war dann ja 4 Wochen später zum Glück Geschichte. Was mich dessen -von mir  selbst verschuldeten- Eskapaden  gekostet haben, habe ich natürlich bestmöglich für mich behalten. Und so wurde nun auch der vergleichsweise bescheiden, um nicht zu sagen mauerblumig daherkommende BMW augenrollend und seufzend hingenommen. Hey - 2 Türen weniger, 2 Zylinder weniger,  fast nur halb soviel PS, das ist doch nun wirklich ein vernünftiges Auto! Und dank Anhängerkupplung sogar praktisch dazu!

Was man dem Wagen aber wirklich nicht ansah und auch gar nicht zutraute, war der von ihm vermittelte Fahrspaß! Ich war selbst davon überrascht, aber die nur gerade 900kg Leergewicht sind mit 86 Vergaser-PS durchaus flott zu bewegen!

Der Wagen wurde im Dezember 1969 gebaut und am 30.01.1970 erstmals zugelassen, als Vorführwagen in Emsdetten. Nach 6 Monaten erwarb ihn ein Müllermeister aus Lemgo, und schließlich 1974 besagter Opa im schönen Extertal, der ihn 1991 seiner Enkelin bzw. deren Verlobtem vermachte.

Ich ließ den Winter verstreichen und meldete den BMW im April 1996 an, selbstverständlich wieder mit der alten Nummer LE-MT 42. Seit Einführung der unsäglichen LIP-Kennzeichen waren LE-Nummern und sogar DT-Nummern (Kreis Detmold) umso wertvoller geworden.

Auf einer Oldtimermesse hatte ich zwischenzeitlich gelbe Cibie-Nebelscheinwerfer besorgt und anstelle der noch montierten, viel zu großen Bosch-Nebler angebaut. Die passten herrlich zum Chromgrill des BMW, und setzten einen schönen Farbtupfer ins triste Nevada.

 

 

 

 

Gelbe Cibies: ein Hauch von Sportlichkeit am kargen BMW in Leberwurstgrau mit Hängerkupplung. Wobei die senioreske Erscheinung täuscht. Ein Nullzwo-BMW ist auch in dieser Basismotorisierung schon flott unterwegs!

Und Nevada-Beige war Ende der Sechzigerjahre tatsächlich total hip!

Ja wirklich, dieser BMW hat einfach nur Fahrfreude, und ansonsten keinerlei Schwierigkeiten bereitet. So unauffällig er aussah, so benahm er sich auch. Manchmal trieb ich sein "Fahrer-mit-Hut"-Image noch etwas auf die Spitze, indem ich einen sperrigen Dachgepäckträger samt zeitgenössischen Koffern aufsetzte. Im Winter auch mit einem Paar Holz-Ski...

 

 

 

 

 

 

 

Wenn man derlei Dekozeug herumliegen hat, muss man auch mal die passende Gelegenheit nutzen.

 

 

 

 

 

 

 

Aber natürlich wurde der BMW wintertags tatsächlich nur bei tockener, salzarmer Witterung bewegt. Eigentlich.

Das hätte nun im Grunde immer so schön unaufgeregt weitergehen können. Ein zuverlässiger Begleiter für gelegentliche, nette Ausflüge. Der überall für positive Resonanzen von Passanten sorgt, wo ein chromblitzender Oberklasse-Benz manchmal nur reglose Gesichter oder sogar absichtlichtliches Wegschauen erntet.

Aber der BMW ist halt auch nicht unverwundbar, und gerade dieser Ableger der Neue-Klasse-Generation nicht als Rostverächter bekannt. Und so fing jener auch an, dieses Exemplar langsam aber sicher zu befallen, und zwar am Unterboden. Noch nicht kritisch oder TÜV-relevant, aber... "man sollte jetzt handeln bevor es sich zur Großbaustelle entwickelt", war mein Gedanke.

Ich entschied mich dagegen, selbst in diese Teilsanierung einzusteigen bzw. zu investieren, sondern trennte mich im Sommer 1998 wieder von diesem netten Gesellen. Er ging nach Hannover. Interessanterweise -und zu meiner großen Überraschung und Freude- sah ich ihn einige Jahre später, als ich schon in HH lebte, einmal nahe meiner Wohnung in HH-Hoheluft-West am Straßenrand geparkt stehen. Und noch etwas später auf einem Flugplatz-Oldtimertreffen bei Lübeck. Welche Zulassung er hatte, habe ich leider vergessen. Aber wenn ihn kein Unfall dahingerafft hat, wird er wohl immer noch existieren. Denn hinsichtlich Rostbefall war er damals scheinbar bereits kuriert worden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und auch hier tat das alte Taxischild gerade nächtens wieder gute Dienste!