Mercedes-Benz 300 TD S123, Baujahr 1983, Zypressengrünmetallic

Wir schreiben das Jahr 1997. Nun hatte ich also zwischenzeitlich eine Alte S-Klasse verheizt und sie durch einen genügsameren, aber ebenfalls das Oldtimerherz erfreuenden BMW 1600-2 ersetzt. Schön.

Doch im Alltag begleitete mich noch immer der hellgrüntürkismetallicfarbene Golf II CL 60PS-Turbodiesel. Ich will ja immer noch nicht undankbar erscheinen, schließlich bekam ich dieses absolut zuverlässig funktionierende Auto kostenlos von meinen Eltern gestellt, und es gab an seiner Funktionalität auch gar nix zu meckern. Wie gesagt: immerhin ein Schiebedach hatte das Ding. Aber.... irgendwie...

Nun, da ich finanziell endlich auf eigenen Füßen stand, wollte ich mich auch in dieser Hinsicht abnabeln. Also schaute ich mich nach einem möglichst robusten, aber auch halbwegs genügsamen Auto um, welches dennoch nicht allzu fern von meiner Hobbyleidenschaft zu finden sein sollte. Der ehemalige Mercedes 230TE S123 meiner Eltern war mir natürlich noch gut in Erinnerung, auch wegen seiner Spritzigkeit. Dennoch wollte ich lieber etwas sparsameres. Also sollte es nun ein 123er Dieselkombi-Benz werden!

Allerdings waren schon damals solche Fahrzeuge entweder Kilometermillionäre, oder zu teuer. Satte 8.500,-DM berappte ich daher für ein 1983er Mercedes-Benz T-Modell mit dem 3-Liter Fünfzylindermotor, der unspektakuläre 88PS auf die Hinterachse wuchtete. Der hatte ebenfalls schon 240.000km auf der Uhr, aber das konnte man bei einem Dieselbenz jener Zeit ja getrost als gut eingefahren betrachten. Dem äußeren und inneren Zustand sah man diese Kilometerleistung jedenfalls nicht an, weder war Rost noch Polsterverschleiß erkennbar.

OK, was mich wirklich für den Wagen so einnahm, war seine Ausstattung. Er wurde im Juli 1983 in Stuttgart zugelassen und einige Hinweise deuten darauf, dass es sich beim Ersthalter um einen leitenden Mitarbeiter "beim Daimler" handelte. Es wurde das komplette Oberförster-Paket geordert: neben originalen Barock-Alufelgen ein Schiebedach, Grüner Lack, grünes Stoff-Interieur, grüne Verglasung, Automatic, Anhängerkupplung, Scheinwerfer-Wischwaschanlage, zusätzliche Starkton-Fanfare. Außerdem wurde nachträglich ein maßgefertigter Unterfahrschutz im Frontbereich angebracht, der dank Schaumgummiauflagen auch als Lärmkapselung dienen sollte (sich aber vor allem mit Wasser und Dreck vollsaugte). Also alles was man so braucht, um wirtschaftlich wie bequem, dabei gut getarnt und trotz Dieselmotor geräuscharm in Feld, Wald und Wiese unterwegs zu sein.

Außerdem stand der Wagen im nachbarlichen Extertal zum Verkauf, es wurde ein Satz Stahl-Winterräder dazugepackt, und -im wahrsten Wortsinne- gab es "on top" einen Satz originale, teure Mercedes Dachboxen dazu. Na denn!

 

 

 

 

 

Mit diesem Wagen konnte man ins Grüne fahren, ohne gesehen und gehört (naja, weniger gehört) zu werden!

Der Benz hat mich fortan durch den Alltag begleitet, und das durchaus behaglich. Doch auch die nachgesagte Unzerstörbarkeit eines Mercedes-Diesels hat Grenzen: es verreckte 40.000km später zunächst das Automatic-Getriebe. Und natürlich war es kein gewöhnliches Getriebe, sondern eine Variante die nur etwa ein halbes Jahr lang verbaut wurde - und entsprechend unauffindbar im Gebrauchtteilemarkt ist. Also war eine teure Instandsetzung angesagt...

Der Austausch einer Hinterachsschwinge die am Auflagepunkt der Stahlfeder annähernd durchgerostet war (MB-Meister: "Sowas habe ich ja noch nie gesehen!") ließ sich halbwegs moderat durch ein vom Schrottplatz organisiertes Gebrauchtteil bewerkstelligen. Auch die Nachrüstung eines Katalysators zur Abfederung der seinerzeit in schwindelnde Höhen abdriftenden Besteuerung (3-Liter-Diesel!) war vierstellig bepreist - aber zugegebenermaßen nicht vom Benz selbst verursacht. Jedoch, bei etwa Kilometerstand 304.000 wurde mal wieder (siehe 280SE...) ein rythmisches Poltern aus dem Untergeschoß des Motors bemerkbar. Und das -glaube ich- ohne vorangegangenes Hochgeschwindigkeitsfahren. Und: der Ölwechsel war hier definitiv vorschrifts- wie regelmäßig gemacht worden...

Ich war maßlos enttäuscht, hatte keine Lust auf erneute Motor-Odysseen, und weil keiner der konsultierten Fachleute und Meister eine halbwegs belastbare Ursachendiagnose (und somit Kostenschätzung) abgeben konnte, habe ich den dicken Diesel im August 2000 unter Angabe des Motorschadens "Verdacht: Loch im Kolben", an den Clubkollegen Thorsten aus dem Alten Land veräußert, für läppische 2.100 DM. Der hielt sich nicht lange mit Schadensanalysen auf, sondern baute direkt einen Gebrauchtmotor ein und fuhr (fährt?) ihn noch lange Zeit.

Lustigerweise gab es auch mit diesem Wagen ein sogar regelmäßiges Wiedersehen, und zwar wieder in Hamburg! Als ich 1,5 Jahre später nach HH zog, wurde ich auch zum Teilnehmer des örtlichen vdh-Stammtisches - dessen Leiter seinerzeit Thorsten, der Käufer meines 300TD, war! So schloß sich der Kreis. Der Kombi musste zwar im Laufe der Jahre als Baustellenfahrzeug viele Blessuren und eine Umrüstung auf LKW-Zulassung einstecken, denn Thorsten und seine Sylvie renovierten eine alte Mühle (ein Gebäude!), aber es wurde mir versprochen, dass er irgendwann auch wieder hübsch gemacht werden wird.

Ich glaube, ich muss die beiden mal wieder besuchen...

 

 

 

 

 

Als es noch Winter im Lipperland gab...

So ein 123er mit dickem Diesel wird dann noch mehr zum heimeligen Wohnzimmer auf 4 Rädern. Man fühlt sich sicher wie in einem fahrbaren Tresor.

 

 

 

 

Und ich glaube immer noch fest daran, dass ein Mercedes, der mit Dieselmotor und grüner Lackierung bestellt wird, auch serienmäßig eine AHK als nicht abwählbare Standardausstattung verpasst bekommt.