BMW 2500, Baujahr 1976, Fjordblaumetallic

Noch zu Zeiten des gambiaroten Golf kam es zu dieser denkwürdigen wie prägenden Episode meiner Autlerkarriere. Es war im Jahr 1987, als ein entfernter Bekannter aus dem Nachbarort regelmäßig mit einem etwas sportiv aufgemachten BMW 2500 (E3) bei unserer Stammkneipe, also unserem damaligen Lebensmittelpunkt vorfuhr. Der Wagen war anthrazitmetallicfarben, besaß weder Radkappen noch Frontstoßstange, und war auch sonst nicht übertrieben gepflegt unterwegs. Dieses etwas düstere Auto und sein herrlicher BMW-Sechszylindersound wirkte sehr beeindruckend auf zwei gute Freunde und mich. Mehr aus Spaß denn aus ernsthafter Absicht heraus, schauten wir in der Folgezeit immer mal wieder im überregional angesagten Kleinanzeigenblatt ("Der heiße Draht", falls das noch jemand kennt) nach solchen coolen Mobilen. Und eines schönen Tages, mal wieder im Frühjahr, sprang uns ein Inserat mit so einem E3 ins Auge, den wir "ja einfach mal angucken könnten".

Denn inzwischen hatten wir die Idee, die Sommerferien 1988 quer durch Europa reisend zu verbringen - aber nicht per Interrail, sondern flexiblererweise per Auto. Für 3 Mann und Gepäck wären die vorhandenen Gölfe etc. jedoch irgendwie etwas beengend. Und man will sich ja entspannen! Also warum nicht das geplante Reisevorhaben mit einem räumlich wie sozial angemessenen Fahrzeug verwirklichen?

Gesagt, getan: der inserierte Wagen war ein schlüpferblaumetallicfarbener BMW 2500, Baujahr 1976, 150PS, Schalter, mit Colorglas, blauer Veloursausstattung mit 4 Kopfstützen (coool!) und Kurbelschiebedach (yeah!). Außerdem 6. Hand, viel Rost, blanke Reifen und 1 Jahr Rest-TÜV. Egal. Dieser Sound...!

850,-DM später wurde der Wagen am 06.05.1988 mit der Nummer DT-AW 826 auf den Kumpel zugelassen, dessen Stiefvater einen brachliegenden, aber hochrabattierten Versicherungsvertrag einbringen konnte, was die Finanzreserven schonte. Die wir aber auch bitter benötigten, denn das nicht eben seltene Ereignis des Volltankens (80 Liter Super!) forderte engagierten, finanziellen Einsatz von uns...

Aber das war es uns wert. Sowas cooles, meine Freese! So fuhren wir ab sofort nur noch in diesem Schlitten herum, meist zu dritt, manchmal in Absprache auch einzeln. So kutschierte ich damit beispielsweise meine Familie zur Hochzeit meines Bruders... da geht einem doch das Herz auf... Klar, die gröbsten Rostlöcher auf den Kotflügelkanten und an den Zierleisten etc. hatten wir vorher zugespachtelt und spraydosenlackiert. So sah das Auto dann nicht mehr ganz so schlimm aus... also von Weitem.

Dann stand besagter Urlaub an. Es wurde ein Ölwechsel gemacht, ein Satz gebrauchter(!) Reifen mit etwas mehr Profil draufgezogen, und es sollten noch neue Bremsklötze rein. Eigentlich. Denn der fortgeschrittene Rostbefall hatte auch die Sättel so dermaßen angegriffen, dass wir die alten Beläge mit vorhandenen Mitteln nicht herausbekamen. Was solls, die Karre bremst ja noch, wird schon gehen. Pyrenäen? Alpen? Aaaach...!

Nur die ausgefallene Viscokupplung des Kühlerlüfters machte uns noch Sorgen. Ein Neuteil war natürlich  preislich indiskutabel. Ein befragter BMW-Spezi brachte uns dann auf den pragmatischen Trichter, halt einfach eine Karosserieschraube ins Gehäuse zu jagen, sodass der Lüfter eben permanent mitdreht. OK, gebongt.

Allerdings verabschiedete sich so eine Schraube von Zeit zu Zeit, sodass wir mangels Vorrat immer mal wieder eine solche Schraube irgendwo am Wagen suchen und demontieren mussten, um mithilfe dieser den Lüfter wieder in mitarbeitende Funktion versetzen zu können.

 

Nun wurde das Bluesmobil randvoll gepackt...

 

 

 

 

...und eine ziemlich abenteuerliche Fahrt durch Frankreich, Andorra, Spanien und die Schweiz nahm ihren Lauf.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und es war genauso cool und entspannt, wie man sich das zuvor ausmalte.

 

 

 

Auch wenn selbst in den für Weinbau bekannten Ländern nicht jeder Landwein gut fürs Landei ist...

Vor allem der Rückweg brachte uns dann aber doch etwas ins Schwitzen, speziell in der Schwytz und ihren Alpenstraßen. Nicht nur, dass uns langsam die entbehrlichen Karosserieschrauben am Wagen ausgingen, nein, schon seit Aufbruch von der französischen Mittelmeerküste machten die mittlerweile an ihrer Verschleißgrenze angekommenen Bremsbeläge auf sich aufmerksam. In den Schweizer Alpen war es dann nicht mehr mit Pogues-Musik zu übertönen oder sonstwie zu verleugnen: zunehmend bremst da nur noch Metall auf Metall.

Das war uns selbst mit jugendlichem Leichtsinn nicht mehr geheuer. Schweren Herzens entschieden wir bei einem zünftigen Rösti-Mittagsstopp, den geplanten Schlenker über Österreich zu streichen, stattdessen irgendwie mit viel Motorbremsen aus den Alpen herauszukommen, um dann so nonstop wie möglichst ungebremst nach Hause zu donnern.

Schade eigentlich, aber es war trotzdem, oder gerade auch deshalb, eines der schönsten Erlebnisse meiner wilden Zeiten. Über 20.000km Riesenspaß in knapp vier Monaten. Den BMW haben wir dann zuhause nur noch von Abstellplatz zu Abstellplatz bewegt und nach ein paar Wochen mit Glück für 450,- Mark verkaufen können. Der Sound war immer noch berauschend, aber der Rest einfach hinüber. Dabei war er gerade mal 12 Jahre alt!

Lustige Anekdote zum Schluss: zufällig fanden wir nach der Rückkehr (!) heraus, dass sich das mitgeführte Ersatzrad überhaupt nicht an dieses Auto dranschrauben ließ. Anderer Lochkranz!

Ein bisschen Glück gehört halt auch dazu.

 

Und seither haben mich die BMW der E3-Baureihe nie wieder so recht losgelassen. Immer wieder schaue nach ihnen, auf Märkten und in Inseraten. Die Vernunft hat's bislang verhindert, weil schon genug andere Baustellen vorhanden waren. Aber... vielleicht klappt's ja doch irgendwann nochmal. Gern auch wieder in Fjordblaumetallic.