Die Bausteine des Coupé-Projektes

Am Computer oder Telefon kann man enorm viele Informationen zusammentragen. Das ist richtig und wichtig, um nicht in die falsche Richtung zu denken, um die richtigen Komponenten zusammen zu tragen, um sich viel theoretisches Wissen anzueignen, um aus den Fehlern Anderer zu lernen.

All die angehäufte Theorie anschließend in die erlebbare Praxis umsetzen zu können, bedingt vor jedoch eine unverhandelbare Grundvoraussetzung: Platz!

 


Ist das scheun! Die neue Werkstatt.

Frühjahr 2015. Ich hatte soeben meine neue Arbeitsstelle in Bielefeld-Jöllenbeck angetreten, und wohnte vorerst wochenend-pendelnd bei Bruder und Schwägerin in lippischer Heimat. Und natürlich hielt ich parallel nicht nur Ausschau nach einer neuen Bleibe für die möglichst bald nachzuholende Familie, sondern suchte auch nach einer neuen Schraubergelegenheit, da das in Mettmann provisorisch gebunkerte Werkstattinventar im selben (Um)Zuge mitkommen sollte.

Die berühmte Resthof- oder Alte-Werkstatt-mit-Wohnhaus-nebenan-Ideallösung fand sich leider auch im Großraum Bielefeld nicht. Aber dennoch unverhofft rasant und direkt am Arbeitsort ein nettes Häuschen für die Lieben, samt Garage für die Flosse.

Und nur ein paar Tage später und ein paar Dörfer weiter eine 100m²-Scheune samt Stromanschluss für einen fairen Kurs. Was sich hier so einfach schreibt und liest, ist für jemanden wie mich, der die letzten 14 Jahre in Millionenstädten bzw. Ballungsräumen lebte, eine Zweifachsensation, ein Lotto-Doppelsechser! Denn es ist auch für ländliche OWLer Verhältnisse beileibe keine Selbstverständlichkeit. Hier ist Wohn- und Schraubraum zwar tendenziell günstiger, aber auch nicht sehr viel häufiger vorhanden als anderswo.

Platz war also nun ausreichend da,  jetzt ging es ans Einrichten. Passenderweise wurde just zu der Zeit ein altes Meisterkabuff bei meinem Arbeitgeber abgerissen. Dessen Wandelemente habe ich mir natürlich gleich gesichert und -mit doppellagiger Folienbedachtung- als halbwegs beheizbares Schrauberkabuff in die Scheune gemaßschneidert. An kalten Schraubertagen weiß ich das seitdem sehr zu schätzen, da per Heizlüfter erwärmt.

Für eine vernünftige Hebebühne ist zwar auch reichlich Höhe vorhanden, jedoch befindet sich unter dem frischen Pflasterboden nur gestampfter Lehm. Den Aufwand, dort extra Fundamente einzubringen, scheue ich. Man weiß ja nie unter welchen Umständen man dort irgendwann wieder auszieht, und dann will ich mich nicht mit ggfs. geforderter Entfernung dieser Betontrümmer herumschlagen müssen. Somit entschied ich mich für eine 3-Tonnen-Scherenhubbühne ohne weitere Verankerung. Das hat den (großen) Nachteil einer schlechten Zugänglichkeit des Unterbodens durch die Auffahrrampen. Vor allem aber bedeutet deren maximale Hubhöhe von nur einem Meter ein recht beschwerliches da extrem unergonomisches Arbeiten an der Unterseite des angehobenen Wagens, mit zusätzlich störenden Querstreben am Boden, etc. Naja, was will man machen, für solche Arbeiten ist so eine Bühne ja auch nicht konstruiert. Aber für mich ist 1m Meter Höhe besser als Nix.

 

Die Alternative wären irgendwelche Unterstellböcke o.ä. gewesen. Aber das bedeutete eine noch viel niedrigere und völlig statische Arbeitshöhe, und wäre letztlich wohl auch viel unsicherer.

Diese Scherenhebebühne hat ein mechanisches Verriegelungssystem welches ein Absinken bei Hydraulikdefekt o.ä. verhindert. Trotzdem stelle ich immer noch vorn und hinten etwas unter, wenn ich unterm Wagen arbeiten muss. Sicher ist sicher.

 

 

 

 

 

 


Der Hundertschlachter: 280SE 3.5 W108, Bj.1972

Klar, um in ein harmloses Sechszylindercoupé potente V8-Antriebstechnik stopfen zu können, muss letztere ja auch irgendwo herkommen. Wie schon an anderer Stelle erwähnt, verbindet beinahe alle Mercedes-PKW-Baureihen der 1960er Jahre eine mehr oder weniger baugleiche Unterbodenstruktur, heutzutage auch Plattform-Strategie genannt.

Das bedeutet unter anderem, dass man beinahe nach Belieben die Vorder- und Hinterachsen von z.B. der 1971er S-Klassenlimousine in den 1963er Pagoden-SL oder auch in eine 1965er Heckflosse schrauben kann, oder umgekehrt. Natürlich gilt es dann jeweils die Anpassung der Bremsanlage und weitere Details zu beachten, aber auch das löst sich quasi im Baukastenverfahren.

Somit hatte ich eine sogenannte "Alte S-Klasse", also eine 280SE 3.5-Limousine der Baureihe W108, ausgestattet mit M116-3,5-Liter-Motor und 4-Gang-Schaltgetriebe, als idealen Technikspender auserkoren. Hieraus wollte ich neben dem begehrten 200PS-V8-Motor auch die zugehörige Vorderachse und Hinterachse (mit langer Übersetzung) transplantieren. Außerdem die Kupplungsglocke, Kardanwelle, Bremsanlage, sowie die komplette V8-Peripherie (Kabelbaum und Elektrikbauteile, Wasser- und Ölkühler, spezifische Halterungen im Motorraum, etc. pp.).

Das Schaltgetriebe diese Wagens wollte ich nicht verwenden, da es seitengesteuert ist und dadurch im (schmaleren) Coupé-Kardantunnel nicht wirklich gut Platz findet. Vor allem aber: es hat ja nur 4 Gänge. Bei Mercedes war seinerzeit ein 5-Gang-Schaltgetriebe  eine so exotische wie teure Sonderausstattung, und obendrein nicht eben für Haltbarkeit bekannt. Es ist daher heute nur sehr selten zu finden, und wenn,  zunächst mit einschlägigem Knowhow und Aufwand zu reparieren bzw. haltbar zu machen.  

Schlecht & teuer, eine irgendwie unattraktive Option für mich.

Ich hatte daher eine andere Lösung im Kopf... doch dazu später mehr.

"Alte S-Klassen" sind trotz dessen, dass sie seit 1972 nicht mehr gebaut werden und schon sehr lange anerkannte wie beliebte Oldtimer sind, auch heute noch zahlreich in nahezu jedem Erhaltungszustand zu finden. Also auch als kaum noch rettungswürdige Grotten zu vertretbarem Kurs. Aus diesem Grund fand sich der gesuchte Teilespender früher als das organempfangende Coupé an sich.

Im Herbst 2015 donnerte ich eines (sehr) frühen Sonntagmorgens ins ferne Regensburg und sah ich mir diesen rot-roten Boliden an. Er bot ein Bild des Jammers. Zwar sehr üppig mit Extras ausgestattet, und in einer ungewöhnlichen und daher attraktiven Farbkombination. Leider aber hatte der letzte Besitzer ihn scheinbar viele Jahre mit eher ungeeigneten Mitteln zur Karosseriereparatur über Wasser bzw. TÜV gehalten, und ihn dann weitere viele Jahre unbewegt in einer viel zu feuchten Scheune abgestellt, bevor die Erben ihn fanden. Also den Wagen.

Entsprechend war es um das Blechkleid, aber auch um sämtliche Technikteile bestellt: Rost, wohin man blickte. Da ich die Technik sowieso von Grund auf überholen wollte, war mir das nicht nur gleich sondern recht, denn dadurch blieb der geforderte Preis zwar nicht billig, aber moderat. Den Rest des Wagens wollte ich zur Refinanzierung unter die Leute bringen, und dank der gehobenen Ausstattung ging dieses Kalkül auch sehr gut auf. Schade um dieses interessante Auto. Es wurden sicherlich schon verwahrlostere Exemplare dieses Typs von sehr unerschrockenen Hobbykollegen restauriert, aber... die hatten ja ebenfalls die Chance, ihn zu kaufen.

Die Ochsentour der Abholung dieses Wracks habe ich mir erspart, indem ich per anyvan.de den günstigsten sich anbietenden Dienstleister damit beauftragte. 352€ hat mich das gekostet. Allerdings wäre mich die Wochenend-Miete eines Zugfahrzeuges, eines Anhängers, sowie Sprit etc. auch nicht viel billiger gekommen, von der Plackerei beim Aufladen (der Wagen lief nicht, hatte schwergängige Räder und halb platte Reifen...) und 12 Stunden Autobahn-Jöckelei mal ganz abgesehen. Am 15.10.2015 bezog der müde Benz bei mir seinen letzten Parkplatz...

 


Erwünschte Fremdeinwirkung: das BMW-Getriebe

Da ein drehzahlminderndes und somit material- und nervenschonendes 5-Gang-Schaltgetriebe zum Einsatz kommen soll, aber eines aus dem Hause Mercedes nicht für mich in Frage kam, s.o., richtete ich meine Gedanken sehr schnell auf das Getrag 265-Getriebe, wie es in diversen BMW-Modellen der 1970er Jahre serienmäßig verbaut wurde. Es war auch bei Opel für Senator bzw. Monza & Co. erhältlich, jedoch in einem für Mercedes-Umbauten nicht kompatiblen Gehäuse. Dies war schon länger bekannt, weil ebenfalls seit geraumer Zeit Getrag-265-Umbauten von Sechszylinder-Mercedestypen, vor allem für Pagoden-SLs, von dem einen oder anderen Fachbetrieb angeboten werden. Auch Do-it-yourself-Umbaukits, bestehend hauptsächlich aus einer 20mm dicken Adapterplatte, werden hier und dort angeboten. Die Platte dient dazu, das zu verbinden, was eigentlich nicht zusammen gehört: das BMW-Getriebe und die Mercedes-Getriebeglocke.

Ich habe mir so ein komplettes Kit inklusive der passenden Schalt- und Zugstangen, 5-Gang-Schaltknopf mit korrektem Schemabild,  neu angefertigter  Getriebeaufhängung, Zentrierring, Zwitter-Tachowelle, etc. von einem Privatmann angeschaut, der es für seinen eigenen Pagoden-Umbau auf das Getrag 265 entwickelte und an Gleichgesinnte vertreibt.

Ich kaufte das Kit in der Hoffnung, dass ich  insbesondere die Adapterplatte für das Kombinieren mit der Glocke des V8-Schalt-getriebes verwenden kann. Leider ist dem nicht so: die Mercedes-Schaltgetriebe für Sechs- und Acht-Zylindermodelle unterscheiden sich erheblich, wie ich noch lernen durfte.

 

Gerade das Herzstück, die Adapterplatte, ist also leider nicht V8-lich verwendbar. Aber immerhin der ebenso nicht unwichtige Rest des Kits sollte mir gute Dienste leisten.

 

Das Getrag 265 gibt es in zwei Ausführungen. Ein als Sportgetriebe bezeichnetes 265/5 mit erstem Gang unten links, sowie das 265/6 mit "normalem" Schaltschema und extra lang untersetztem 5. Gang, weshalb es auch "Schongang-Getriebe" genannt wird. Beide Varianten sind gleichermaßen gesucht, da sie für hohe Belastungen ausgelegt sind  und sich mit der BMW-typisch geschmeidigen Schaltbarkeit hervortun. Sie sind recht beliebt bei umrüstwilligen BMW-4-Gang-Piloten, aber z.B. auch bei Besitzern klassischer Jaguar-Modelle.  Das Angebot ist daher schon länger knapp und teuer. Ich konnte eines aus einem 1980er BMW ergattern, angeblich aus  einem 635 CSi mit nur ca. 160.000km Laufleistung - wie erstaunlicherweise praktisch alle die mal angeboten werden. Ein Schelm, wer...

Einen wieder einmal sonntagmorgendlichen Ausflug an die holländische Grenze und vergleichsweise günstige 600€ später hatte ich es da, samt Glocke und Kardanwelle. Die Glocke hielt ich zu dem Zeitpunkt noch für überflüssig, aber auch hier sollte ich mich später noch eines Besseren belehren lassen müssen. Am 01.11.2015 konnte ich die "Getrag 265-Beschaffung" schon abhaken. Fertig war ich damit aber noch nicht.

Zwar soll das Coupé später seinen ranzigen Charme behalten - und gerne weiterentwickeln dürfen. Aber zunächsteinmal muss man das Auto ja irgendwie zusammenbauen, und das ist dann schon etwas angenehmer, so rein vom Händling her, wenn die einzelnen Brocken nicht vor Öl und Dreck starren. Nicht zuletzt will man ja auch noch das eine oder andere Auge bei der TÜV-Abnahme zugedrückt bekommen - und da soll durchaus der Eindruck  entstehen, dass wenn man schon Lack und Leder nicht hübscher machen wollte, doch wenigstens die Technik tiptop in Schuss ist! Also habe ich das schon bei der Flossenrestaurierung bewährte wie beinahe wichtigste Hilfsmittel in größeren Stückzahlen geordert: Bremsenreiniger-Spray. Hilft praktisch gegen alles.

 

Leider hatte das erstandene Getriebe nicht den benötigten, mechanischen Tachoabtrieb. Die entsprechenden Teile um diesen nachzurüsten bekommt man inzwischen auch nur noch gebraucht und wenn man "Leute kennt". Der Einbau ist an sich nicht schwierig, im Wesentlichen ist es das beschädigungsfreie Entfernen des Blindstopfens im dafür vorgesehenen Anschluss-Stutzen, und das Austauschen eines Distanzringes gegen eine Antriebsschnecke. Anschließend den Übertragungszapfen einsetzen und mit der Klemmschraube fixieren. Natürlich muss bei der Gelegenheit auch der Simmerring erneuert werden.

Dann noch einen Ölwechsel sowie einen neuen Schalter für die Rückfahrleuchte, und dann bleibt nun erstmal zu hoffen, dass das Ding tut was es soll, wenn das neue Auto fertig ist.

 


Was lange währt, wird endlich doppelt: das Coupé

Viele, viele Stunden verbrachte ich mit internationaler Recherche. In Telefonaten mit diversen Leuten die jemanden kennen könnten oder wollten, und mit solchen die tatsächlich ein Coupé im gewünschten Zustand zu veräußern gedachten. Und natürlich mit etlichen vergeblich abgerissenen Kilometern z.B.  bis an die holländische Westküste, nur um die hoffnungsfroh besuchte Occasion binnen weniger Minuten zum völlig unbrauchbaren Schrotthaufen umdeklarieren zu müssen.

Irgendwann bekam ich einen Tipp von meinem Münchner Freund Winfried aus dem 112er-Dunstkreis, dass da in Bayern ein 220SE Coupé-Doppelpack vakant sei. Der Preis sei heiß, dafür muss es schnell gehen weil sie eine Waschstraße blockieren, in welcher sie behelfsmäßig zwischengelagert wurden. Sprich, ich musste 3 Tage später frühsamstagmorgens ins Auto steigen und nach Augsburg brettern. Als Anhaltspunkte für Zustand und Aussehen der Fahrzeuge hatte ich ein kurzes, skurriles Telefonat sowie drei oder vier unscharfe Handybilder. Beste Voraussetzungen also...

Die Herrschaften die mich da erwarteten, ihr Verhalten und die restlichen Umstände der Besichtigung, der Kaufabwicklung und die  Diskussionen im Nachgang wären eine Story für sich, doch möchte ich das lieber nicht veröffentlichen. Die beiden Coupés jedenfalls waren offensichtlich nur der Beifang eines ersteigerten Oldtimerkonvolutes und sollten deshalb schnell wieder weg. Jedes von ihnen hatte vor scheinbar längerer Zeit schon einen mehr oder doch eher weniger fachkundigen, nennen wir es höflich "Instandsetzungsversuch" über sich ergehen lassen müssen. Das eine hatte es sogar bis zur kompletten, wennauch wahrlich stümperhaft ausgeführten Neulackierung in Anthrazitmetallic geschafft, wurde aber anschließend im Laufe der Zeit vieler Teile beraubt und rundum vermackelt. Der Motor war nur lose reingehängt, die Achsen eher provisorisch befestigt. Es ist komplett durchgeschweißt. Nicht schön - aber scheinbar solide. Im Grunde genau das, was ich suchte bzw. brauchte: eine solide Basis ohne Instandsetzungsbedarf an der Karosserie, deren Lackkleid zwar schlecht aber einheitlich daherkommt, und somit ebenfalls keiner ungewünschten Erneuerung bedurfte. 

Das andere Coupé, irgendwann mal mit einem Golde-Kurbelschiebedach nachgerüstet,  wurde vorrangig mit inzwischen wieder von Rost hochgedrücktem Spachtel überzogen und grundiert. Nach dem Lackieren der Kantenbereiche gingen scheinbar Lack und Lust aus, oder die Einsicht der Zwecklosigkeit einher. Immerhin ließ sich dieses mürbe Gefährt noch aus eigener Kraft bewegen. Eine Probefahrt war aber zustandsmäßig ausgeschlossen und sowieso nicht erwünscht: man zeigte sich auf Verkäuferseite im Gegenteil pikiert, dass ich es überhaupt für nötig hielt die Autos anzusehen, sogar von innen und von unten! Wohl nicht weil die Kisten so tadellos wären, sondern weil wir hier über einen wohl so lächerlichen 5-stelligen Betrag redeten, dass man doch nicht weiter über Zustand oder Mängel diskutieren müsse. Ist halt Schrott, was erwartet der Mann denn? Tsts...

Nicht, dass ich in der Lage oder der Arroganz verhaftet wäre, einen 5-stelligen Betrag gleich welcher Höhe als lächerlich zu bezeichnen, aber im Grunde hatte diese Sippe Recht. Auch wenn es ein für mich nennenswerter Betrag war, so lag dieser doch immer noch klar unterhalb dessen, was ansonsten meist für diese Autos in bemitleidenswerten Zuständen aufgerufen wurde - und hier gab es dafür gleich zwei davon. Was also will man da erwarten? Nun ja, man mag mich einen Prinzipienreiter nennen. Aber wenn ich 5 Stunden Vollgasfahrt auf mich nehme, dann will ich schon wenigstens einen kurzen Blick auf das werfen, wofür ich dann unverhandelbar diverse große Zettel auf den Tisch des Hauses zählen soll. Es war der 21. Februar 2016, als ich genau das tat.

Den Kombi bis unters Dach mit einer leidlich-schlecht bis gar nicht erhaltenen Cognac-Lederausstattung sowie einem Satz gammeliger Stoßstangen vollgestopft, trat ich sehr zufrieden die Rückfahrt an.

Fünf Tage später erfolgte dann die Abholung. Auch dieses Mal beauftragte ich über die schon genannte Transportdienstleistungs-Plattform einen Profi, nämlich einen radebrechenden Litauer, wie sich herausstellte.

Was soll's, ich hatte keine andere Wahl. Denn schließlich mussten ja nun gleich zwei malade Autos  transportiert werden. Ich bin zwecks Übergabe und Verladung/Transportsicherung zwar nochmal hinunter nach Augsburg gefahren, aber danach dann sofort wieder im Eiltempo nach Hause gehetzt und erwartete mit Hochspannung die Anlieferung in meiner Schrauberhöhle. Es lief alles glatt, in den Abendstunden kam das Großgespann bei mir an und wir entluden das Pärchen.

Nun war es schon etwas beengt in meiner Scheune. Daher habe ich zunächst das halblackierte Golde-Coupé etwas aufgeräumt und ansehnlicher hergerichtet, und nach einem halben Jahr Bastelei gut weiterverkaufen können. Der Clou dabei: dadurch hatte ich drei Viertel des Paketpreises wieder hereingeholt. Oder anders gesagt: jetzt war das benötigte Basisfahrzeug für mein Umbauprojekt extrem günstig geworden. Der Plan, den ich beim Kauf des Doppelpacks im Kopf hatte, war aufgegangen.

So durfte es weitergehen... auch zur Beruhigung meiner Liebsten!

 


Grüne Wohnlandschaften: das Interieur

Lustigerweise hatte ich schon seit Ende 2014, also als dieses Projekt noch gar nicht beschlossen war, Ersatz für die fehlende Innenausstattung des grauen Coupés "im Regal liegen". Denn da war ich zufällig auf eine im Oldenburgischen inserierte Lederausstattung in sehr seltenem Dunkelgrün gestoßen. Komplett mit allen Teppichen etc., nicht ohne deutliche Gebrauchsspuren, aber intakt und relativ günstig. Ursprünglich hatte ich sie erworben, um sie nach einer Aufbereitung mit etwas Gewinn weiterzuverkaufen. Aber nun kam mir dieser Kauf natürlich sehr zupass, da ich jetzt Eigenbedarf anmelden konnte und das Dunkelgrün super zum Anthrazitmetallic des Coupés passen wird!

Es stammt aus einem 280SE Hochkühler-Coupé, somit wird es noch etwas tricky mit dem Einbau, da hier schon mit pneumatischer Ver-/Entriegelung der Sitzlehnen gearbeitet wurde, die im 220SE-Coupé aber noch rein manuell bedient vonstatten ging. Auch die am Wagenboden befindlichen Befestigungs-Konsolen für die Sitzgestelle werden vermutlich anzupassen sein.

Aber darauf kommt es nun auch nicht mehr an. Hauptsache: grün!

Apropos...


Schrilles Schlacht-Schiff: 350 SEL W116, Bj. 1976

Gut, dass das überzählige Coupé weg war, denn der Platz wurde alsbald schon für einen noch ausladenderen Organspender aus dem Hause Daimler-Benz benötigt. Warum? In den vergangenen Monaten hatte ich mich natürlich nicht nur dem Herrichten des Golde-Coupés gewidmet, sondern rückte auch dem Hundertschlachter an den rostschorfigen Leib.  Plan war ja, auch dessen Anschaffung zu refinanzieren und daraus flüssige Mittel für den Projektfortschritt zu generieren.

Parallel zur Demontage der veräußerbaren Teile fing ich an, den zu transplantierenden Motor wiederzubeleben. Leider aber hatte dieser unter der jahrelangen, feuchten Einlagerung besonders gelitten. Er ließ sich zwar nach entsprechender Einwirkzeit von Diesel in den Zylindern wieder gut per Hand durchdrehen, aber ansonsten war alles an ihm praktisch bombenfestgerostet. Mir wurde klar, dass sehr großer Aufwand betrieben werden muss bevor man ihn ans Laufen bekommt - und dann erst weiß ob er denn überhaupt in Ordnung ist, also ob man ihn ohne größere Revision ins Coupé einbauen und weiterverwenden kann. Eine kostspielige Motorüberholung wollte ich mir nicht (schon wieder) gönnen. Das Ganze soll schließlich eine Art Low-Budget-Projekt sein und bleiben.

Folglich hörte ich mich nach Tipps um und klagte hier und dort mein Leid. So auch auf dem Oldtimertreffen in Bockhorn, wo ich von gleich zwei Leuten, die es wissen müssen weil sie professionell im Thema Altbenze unterwegs sind, den Tipp bekam, doch lieber auf einen späteren Entwicklungsstand dieses Motors zurückzugreifen. Was bedeutet das? Siehe hier:

 

Der M116-Motor der ersten Generation wie er im 280SE 3.5 / 350SE / 350 SL bis 1974 verbaut wurde, besitzt eine D-Jetronic-Einspritzung mit elektronischer Zündsteuerung.

Die Komponenten dieses Systems sind heute teils schwer zu bekommen, und sehr teuer.

 

Ab 1974 bis zum Ende der Bauzeit der 3.5-Liter-Variante in 1978 wurde der Motor mit der K-Jetronic-Einspritzanlage ausgerüstet. Diese ist insgesamt einfacher aufgebaut, ihre Bestandteile sind noch immer gut verfügbar und daher auch deutlich erschwinglicher.

Er hatte so zunächst 195, ab 1976 dann 205PS.

 

Äußerlich unterscheiden sich die D- und K-Jet-Motoren praktisch nur durch die oben  thronenden Luftfiltergehäuse, deren Ansaugrüssel sich jeweils auf der gegenüber liegenden Seite befinden. Die Experten unter uns mögen mir diese rein oberflächliche Betrachtung verzeihen.

Ein gewisses Fragezeichen blieb nur, was die Konformität des späten K-Jet-M116 mit den Regularien der H-Zulassung angeht. Einerseits ist es immer noch ein 3.5er M116 wie es ihn auch ab Werk im W111 Coupé gab, andererseits ist die K-Jet-Version mehr als 10, nämlich 12 Jahre nach dem Bau meines Coupés eingeführt worden.

Haarspalterei? Auslegungssache? Unwichtiges Detail?

Egal - ich war nun willens, mir so einen Motor zu besorgen. Am besten mit der dazugehörigen Peripherie wie allen angeschlossenen Kabeln, Spritleitungen, Zündungsteilen, und was sonst noch so dranhängt. Und nach Möglichkeit möchte ich den Motor laufen hören & sehen bevor ich ihn kaufe.

Verbaut wurde das gesuchte Aggregat in den 350SL/SLC (R/C 107) und in den 350SE/SEL (W116) der betreffenden Baujahre. Nach zweitürigen Schlachtobjekten hielt ich gar nicht erst Ausschau. Die gibt es zwar auch noch, sie sind aber für meine Zwecke zu teuer. Also musste eine gammelige 116er S-Klasse her. Davon gibt es noch immer reichlich und billich.

Fündig wurde ich im Oktober 2016, als mir ein Händler aus Rheinland-Pfalz einen  solchen Trümmer offerierte.

Ein 1976er 350SEL mit Schaltmotor (das Getriebe fehlte allerdings), insgesamt völlig hinüber, aber der Motor liefe gut! Er hatte mir das per Handyvideo einigermaßen "beweisen" können. Es ist zwar nur die 195PS-Variante, aber das fand ich jetzt nicht sooo schlimm.

Stammtischkollege Mike konnte mir nicht nur zu einem geliehenen Bulli als Zugfahrzeug verhelfen, sondern erklärte sich bereit, die Abhol-Tour mitzumachen. Jetzt noch schnell einen Transportanhänger gemietet, und also einen weiteren Samstag komplett mit Autobahn-Gespannzockelei verbracht.

Vor Ort wurde nochmal der Motor angeschmissen: der Soundcheck verlief positiv, Mike hat Erfahrungen mit diesen Aggregaten. Kurz darauf war die ehemals sehr schöne, total 70er-mäßig kombinierte S-Klasse (Citrusgrün-Metallic mit cremefarbenem Velours - herrlich!) auf dem Hänger, und wir abends wieder in meiner Scheune. Plötzlich war die Bude also wieder voll...

 

 

 

Recht zügig machte ich mich daher an das Demontieren des Motors, mitsamt aller irgendwie damit in Verbindung stehenden Groß- und Kleinteile.

 

Selbst das Armaturenbrett nahm ich komplett auseinander, um ja jedes Kabelchen mit zu erwischen. Gerade der genau zugehörige Motor-Kabelbaum würde später eine wichtige Komponente für den Einbau ins Coupé sein.

Anschließend verkaufte ich die ansonsten so belassene Restkarosse für 500€ weiter. Inklusive der Nebenkosten hatte ich nun also für ca. 750€ einen selbstausgebauten, laufenden K-Jet-Motor mit allem Drum & Dran - ein fairer Kurs, wie ich finde. Denn das einzelne Zusammensuchen all der Teile wäre aufwendiger und -wändiger geworden.


Ein´habbich noch: der Trend zum Drittmotor

Nun hatte ich also meinen 350er K-Jet-Motor am Start, fein fein. Allerdings war meine Suchanzeige in den virtuellen Kleinanzeigen noch nicht gelöscht, und so erreichte mich kurz nach obiger W116-Schlachtung ein weiteres Angebot. Dieses Mal ging es zwar um einen bereits ausgebauten Motor, aber der weckte mein Interesse: vor ca. 1 Jahr ausgebaut aus einem handgeschalteten Ersthand-350SE, mit nachweislich erst gut 46 tkm Laufleistung. Man wollte den Wagen eigentlich restaurieren, aber nach dem Zerlegen offenbarte sich die Karosse als zu schlecht, sodass nun Technik und Interieur etc. verkauft werden sollten. Standort nahe Dortmund, was ebenfalls schonmal gut klang, da es keine Weltreise dorthin würde. Und: es ist ein 1978er Baujahr, also die letzte Evolutionsstufe mit 205PS!

Da gab es für mich natürlich nicht mehr viel zu überlegen: nochmal ´nen Bulli gemietet und hingefahren. Die Papiere, aber auch die noch vorhandene, beinahe jungfräulich aussehende Innenausstattung belegten glaubhaft den niedrigen Kilometerstand des verblichenen 350SE aus Rentnerbesitz.

Wir wurden uns schnell und zu wiederum fairen Bedingungen einig, ich bekam noch den zugehörigen Anlasser sowie den BKV dazugelegt und man lud mir den Motor dann per Stapler in den Bulli. Das ist mal Service.

So, nun sollte aber alles beisammen sein, was an technischer Hardware-Grundvoraussetzung für das Projekt gegeben sein sollte!

Wobei...


Länge läuft! Und noch ´ne Achse.

Warum will ich in das V8-Copé ein 5-Gang-Getriebe haben? Klar: um Mensch und Material auf längeren Strecken zu schonen. Leider war es in den 1960er Jahren noch immer das technische Konzept der Daimler-Konstrukteure, die Motoren ihre Nennleistung erst bei recht hohen Drehzahlen abliefern zu lassen. Wohl auch darum wurden parallel Getriebe mit nur 4 Gängen und Antriebsachsen mit relativ kurzen Untersetzungen verbaut. Nur auf Sonderwunsch gab es längere Achsen, und wer besonders hartnäckig und solvent war, bekam auch ein 5-Gang-Getriebe. Manchmal.

In den allermeisten Fällen hat man es also mit einer recht kernigen und so gar nicht S-klassigen Geräuschkulisse zu tun, die es ab einer Reisegeschwindigkeit oberhalb 130km/h zu ertragen gilt. In meiner Flosse habe ich schon eine etwas längere Achse mit Verhältnis 1 : 3,69 verbaut, aber zufrieden bin ich damit auch noch nicht. Der eh schon recht vernehmlich arbeitende M189 klingt auf der Autobahn unnötig angestrengt, was sich nach hunderten Kilometern auch in einer persönlichen Anspannung meinerseits niederschlägt.

Darum also schonmal ein 5ter Gang für´s Coupé, basta. Und als sich herausstellte, dass mein roter Hundertschlachter ebenfalls "nur" eine 1 : 3,69er Achse beherbergte, hielt ich nach der 1 : 3,46er-Version Ausschau, mit der dieser Wagentyp (je nach Baujahr?) auch ausgeliefert wurde. Sowas fand ich dann ebenfalls über eine Kleinanzeige im weltweiten Netz, in einer Scheune irgendwo mitten in Niedersachsen.

Na, nu reicht es aber wirklich mit dem Zusammensuchen! Diese Achse fand schlussendlich den Weg ins Coupé, aber natürlich erst nach einer gründlichen Aufarbeitung, technisch wie optisch.

Damit kommen wir zur nächsten Phase...